Verehrte Kunden,
die Coronakrise treibt es auf die Spitze, die Digitalisierung wird als Heilsbringer verehrt. Klar, in der gegenwärtigen Situation, die durch Kontaktsperren und Veranstaltungsverbote gekennzeichnet ist, gewinnt der Onlinehandel an Bedeutung. Sogar Online-Weinproben werden angeboten. Mich erreichen zur Zeit ständig Angebote von Dienstleistern, die Onlinevermarktung auszuweiten, Onlineshops einzurichten usw.
Ob es Sinn macht, dem 1000. Onlineweinhandel den 1001. dazuzufügen, wage ich zu bezweifeln. Wenn die potentiellen Kunden entsprechende Suchbegriffe verwenden, werden sie "totgeschlagen" von einem überbordenden Online-Weinangebot, einer Informationsflut, die jeden Suchenden überfordert. Wer nimmt sich die Zeit, in 50 Onlineshops zu suchen, zu vergleichen, zu bewerten?
Was offensichtlich keiner oder nur wenige Akteure sehen wollen: auch in diesem Markt herrscht der Kapitalismus, sprich die großen Anbieter werden die kleinen verschlingen bzw. aus dem Markt drängen, nur eine Frage der Zeit. Es können ja z.B. bei google nicht gleichzeitig tausend Anbieter vorne stehen, sondern eben nur ein paar wenige, und genau die werden wahrgenommen, und es werden die großen im Geschäft sein. Kleine können sich nur halten durch herausragende und personalisierte Spezialangebote.
Viel spannender als diese Schiene weiter auszubauen, wären Überlegungen, Ideen, wie bringe ich die Konsumenten wieder mit den Erzeugern auf persönlicher Ebene zusammen, weil nur dieser direkte Kontakt die Einzigartigkeit eines Angebots sichtbar, spürbar, erlebbar machen kann und niemals durch eine Technik ersetzt werden kann. Wir Menschen sind eben ein großes Maß geprägt durch Emotionen, seelische Empfindungen und nicht nur durch mathematische Informationsbearbeitung.
Digitalisierung ist nichts anderes als eine ganz primitive Technologie (Abfolge von zwei differenten Zuständen 0 und 1 zur Darstellung und Bearbeitung von Information), der wir uns bedienen, um Sachverhalte so darzustellen, dass sie reproduzierbar sind. Hat seinen Sinn, ist aber nur Teil der Realität, weil der Mensch und menschliche Beziehungen in starkem Maß analog sind und bleiben, wir sind keine Roboter, auch wenn uns verschiedene Wisenschaftsdisziplinen das weis machen wollen. Wir brauchen die Ernährung unserer individuellen seelischen Komponenten.
Ihr Harald Scholl
Weingut Harald Scholl
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